Samstag, 24. Januar 2009
 
Bedenklicher DNA Abgleich in EU PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von ARGE Daten   
Mittwoch, 3. Januar 2007

Eine zwischen den Innenministern Österreichs, Deutschlands, Frankreichs, Spaniens, Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande geschlossenen Durchführungsvereinbarung zum sogenannten Prümer Vertrag, auch als "Schengen III" bezeichnet, ist mit Jahresbeginn in Kraft getreten. Sie ermöglicht den Massenabgleich von DNA-Daten. Kriminalistisch verspricht die Ausbeute gering zu sein, datenschutzrechtlich ist die Vereinbarung bedenklich.

Massenabgleich der durch österreichische und deutsche Behörden gesammelten DNA-Daten nunmehr aktiv - Österreich einmal mehr Musterschüler in polizeilicher Überwachung - Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung gering - 100.000 DNA Ergebnisse und 1 Mio. 10-Fingerabdrucke konnten nur wenige Delikte aufklären - Internationale polizeiliche Zusmammenarbeit immer stärker im rechtsfreien Raum

Aufgrund der technischen Möglichkeiten wird der Datenaustausch vorerst allerdings in Österreich nur mit den deutschen Nachbarn erfolgen. Aus diesem Anlass ein kritischer Blick auf dieses Vertragswerk.

Die Innenminister der genannten Vertragsstaaten zeigten sich angesichts der abgeschlossenen Vereinbarung euphorisch. "Wir erwarten rund 100 Fälle, die wir sofort lösen können" heißt es etwa von österreichischer Seite. Datenschutzrechtliche Bedenken werden weggewischt.

DNA - Datensammlung in Österreich

In Österreich wurden im Rahmen des Aufbaus einer DNA-Datenbank, die beim Bundekriminalamt geführt wird, zwischen 1997 und Ende 2005 insgesamt über 100.000 DNA-Spuren angesammelt. Die Verarbeitung der DNA-Daten erfolgt dabei mit Aufnahme biologischer Spuren, welche Täter bei ungeklärten Strafdaten hinterlassen haben könnten (sogenannte "Tatortspuren"). Daneben werden allerdings bei Tatverdächtigen im Rahmen der Aufnahme von Lichtbildern sowie Fingerabdrücken auch DNA-Spuren mittels sogenannter Mundhöhlenabstriche aufgenommen (MHA). Das Verhältnis von "Tatortspuren" und mittels MHA ermittelter Daten in der österreichischen DNA-Datenbank beträgt etwa 80 zu 20 zugunsten der MHA-Daten.

Prümer Vertrag

Am 27.5.2005 wurde in der deutschen Stadt Prüm zwischen den oben genannten EU -Mitgliedsstaaten der sogenannte "Prümer Vertrag" unterzeichnet. Ziel des Abkommens ist eine Intensivierung der Zusammenarbeit der Vertragsstaaten in den Bereichen Justiz und Inneres. Dazu gehört vor allem der Datenabgleich und Informationsaustausch bei Fingerabdrücken, Kfz-Kennzeichen sowie DNA-Spuren.

Bescheidener Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung

Die grundsätzliche Kritik am gegenständlichen Vertragswerk richtet sich vor allem auf folgende Umstände: Es ist einerseits nicht klar definiert, bei welchen Strafdelikten überhaupt ein grenzüberschreitender Datenzugriff in Frage kommen soll. Insgesamt wird der Beitrag biologischer Täterspuren bei der Kriminalitätsbekämpfung maßlos überschätzt. Sieht man von wenigen, in den Medien über viele Wochen verbreiteten spektakulären Einzelfällen ab, ist die Staistik ernüchternd.

2004 konnten mit den Fingerabdrucken die über mehr als eine Million Person gesammelt wurden, gerade 375 Tatortspuren identifiziert werden (bei insgesamt mehr als 172.000 Verbrechen, 2005 stieg die Identifikationsrate auf 458 Fälle (bei knapp 149.000 Verbrechen), für 2006 liegen noch keine abschliessenden Zahlen vor. Dramatisch war jedoch das Ansteigen der ungeklärten Tatortspuren, von 28.222 (2004) auf 32.977 (2005), also um knapp 17%!

Zwar etwas besser, insgesamt aber bescheiden war der Beitrag der DNA-Analyse.
Nach einem Hoch von 1097 ausgeforschten Tatverdächtigen im Jahr 2004, waren es 2005 nur noch 1063 Tatverdächtige. Ob sich Kriminelle "die etwas zu verbergen haben" besser auf die DNA-Ermittlungen eingestellt haben, oder die Schwankungen bloß statistische Zufälligkeiten sind, wird die Zukunft zeigen.

Resumee

Internationale Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung ist wichtig, insbesondere zwischen den Mitgliedsstaaten der EU. Es soll also nicht darum gehen, solche Entwicklungen prinzipiell zu kritisieren. Es stellt sich aber wieder einmal die Frage, ob es sinnvoll sein kann, internationale Zusammenarbeit in verschiedenen Verfahren zu vereinbaren, ohne dass dabei darauf geachtet wird, dass auch bezüglich der inhaltlichen Regelungen, die in den verschiedenen Vertragsstaaten bestehen, ein Minimum an Einheitlichkeit herrscht. Darüberhinaus müßte gewährleistet werden, dass sich solche Zusammenarbeiten nicht im rechtsfreien Raum abspielen und Betroffenenrechte gewahrt bleiben. Dies ist heute nicht der Fall.

Egal ob Fluggastdatenweitergabe, SWIFT, Schengen III oder das internationale Strafregister. Immer häufiger spielt sich internationale Zusammenarbeit im rechtsfreien Raum, unter Missachtung der Bürgerrechte ab. Mit dem Effekt, dass Täter, "die etwas zu verbergen haben" diese Zusammenarbeit regelmäßig leicht unterlaufen können, Bürger, die sich unbescholten wähnen, auf Grund unterschiedlicher Rechts- und Strafsysteme plötzlich in das Visier transnationaler Sicherheitsbehörden kommen können.

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